Nornen-Synchronisation:
Ein Lektüre- und Diskussionsabend mit Julio

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19:00 Uhr Einlaß – 19:30 Uhr Beginn – ab 21:00 Uhr Ausklang .

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Foto HandSpiegel

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„In alten Tagen, als Adler schrien und heilige Ströme von Himmelsfelsen fielen, da wurde Helgi, der Heldenherzige, Borghilds Sohn, in Bralund geboren. Es war Nacht in der Behausung, und es kamen Nornen, die das Leben des Erhabenen gestalteten; sie sagten ihm, er sei der berühmteste aller Kämpfer und der beste aller Fürsten, den es je geben werde.
Mächtig webten sie das Netz des Schicksals, während Bralunds Städte alle zitterten; und dort webten sie die goldenen Fäden. In der Halle des Mondes, schnell haben sie sie gemacht. Ostwärts und westwärts verbargen sie die Enden, in der Mitte sollte der Held sein Land haben; und Neri’s Verwandte warf eine Kette nach Norden und befahl ihr immer fest zu sein.“

Völsungakviða (Edda),
wahrscheinlich frühes 11. Jhd

Die Fäden, mit denen die Nornen das Schicksal eines Menschen spinnen, bestehen aus vielen Fasern – aus Bildern, Tönen, Düften, Geschmäcker, Berührungen, Erinnerungen, Wünschen und vor allem aus Wörtern, Begriffen und Kategorien, die all dies miteinander verkleben. Aus den Fäden werden Geschichten gewoben und diese miteinander verknüpft, bis schließlich ein dichtes Netz des Schicksals entsteht.

Begriffe, Unterscheidungen und Kategorien, und die mit ihnen verbundenen Geschichten, sind zentral für unsere Vorstellungen, welches Leben wir führen wollen. Sie spielen auch eine entscheidende Rolle in den vielfältigen Bewegungen der Menschen, ein besseres Leben zu führen und bisher etablierte Lebensweisen grundlegend zu reformieren. Ironischerweise haben gerade die europäischen Bewegungen für ein alternatives Leben oft die geistige Beschäftigung mit Begriffen, Kategorien und Ideen als Irrweg abgelehnt – aber dafür in ihren Argumentationen selbst neue zentrale Kategorien und Unterscheidungen eingeführt und verbreitet.

Die Abende, die als regelmässige Angebote ko0nzipiert sind, sind ersteinmal ein Experiment. Sie sind dafür gedacht, gemeinsam Begriffe und Themen zu untersuchen, die grundlegend sind, um alternative Formen von Leben, Arbeiten, Wohnen, Lieben, Fühlen, Wahrnehmen, Konsumieren und anderes mehr zu erschaffen oder zu rechtfertigen. Im Zentrum steht immer ein Thema mit seinen Stärken und Schwächen, Verheißungen und Gefahren. Die Veranstaltungen sollen dazu dazu dienen, den eigenen Geist zu trainieren. Es soll sowohl über die Verwendung von Begriffen nachgedacht werden als auch Praktiken und Ideen analysiert und unterschieden werden – immer auch mit einem Blick auf ihre Wandlungen im Lauf der Geschichte. Auch wenn vieles nur gestreift werden kann, sind die Abende nicht als lockere „Palaver“-Runde gedacht, in der jede Teilnehmerin mal mitteilt, „was ihr gerade so einfällt“. Deshalb gibt es eine Art Choreographie, die den Gesprächsverlauf relativ stark reguliert. In der Regel haben die Themen mit dem Betrieb der Werkstatt Dritter Ort zu tun und können auch wiederholt vorkommen.

Zwingende Voraussetzung für die Teilnahme ist die Lektüre eines Text von 5 bis 12 Seiten vorab. Meistens, aber nicht immer werden Themen oder sogar Texte Julios Buch-Projekt entnommen. Details jeweils nach Anmeldung oder Interessebekundung.


Termine:

  • 10. Mai (Mi): Ein besseres Leben durch Freunde? (19:00 Uhr Einlaß)
    In den Visionen eines besseren, glücklichen und gemeinschaftlichen Lebens, die viele Menschen umtreiben, spielt „Freundschaft“ als Ideal eine zentrale Rolle. Es ist ein mächtiger Begriff, der nicht nur viele Sehnsüchte weckt, sondern auch moralische Ansprüche formuliert. Entsprechend treffen in einem Projekt wie der Werkstatt Dritter Ort unterschiedliche Verständnisse von Freundschaft bei den Besucherinnen aufeinander. Meinungen und Gefühle dazu sind schnell zur Hand, systematisches Nachdenken jedoch nicht. Letzteres soll an diesem Abend versucht werden. Text auf Anfrage.
  • 07. Juni (Mi):  Ein besseres Leben durch Kunst? (19:00 Uhr Einlaß)
    In der Alternativbewegung ist seit mehr als 120 Jahren die Vorstellung verbreitet, dass man nicht nur mit Kunst das Leben schöner machen kann, sondern das ein wirklich schönes Leben nur eines ist, das von Kunst tief durchdrungen ist – ein Leben das selbst Kunst ist. Besser noch: Die ganze Welt soll Kunst sein. Gerne wird dazu der Satz von Joseph Beuys zitiert, dass jeder Mensch ein Künstler sei. An dem Abend soll über die Durchdringung von Kunst und Leben nachgedacht werden. Und deshalb auch über die Fragen: Was bedeutet Kunst und wie wirkt Kunst? Wirkt sie mehr als nur dadurch, dass sie gefällt oder eben nicht gefällt?

 

Regeln zur Vermeidung von Corona-Infektionen:
In der Regel werden von jeder Teilnehmer*innen ein Corona-Selbsttest vorab erwartet.Details auf Anfrage.